Eine Gesamtreform des Exekutionsrechts
Eine gerichtliche Durchsetzung von Werklohn-/Honoraransprüchen bedeutet nicht, dass der Schuldner auch tatsächlich gleich bezahlt. Manchmal muss das Urteil auch noch exekutiert werden. Der Erfolg einer Klage kann sich daher noch für die Dauer eines Exekutionsverfahrens hinauszögern; vielleicht auch über Jahre, wenn der Schuldner nur geringe monatliche Zahlungen abführen kann. Um die Exekutionsverfahren effizienter zu gestalten, wurde nun die sogenannte „Gesamtreform des Exekutionsrechts“ („GREx“) umgesetzt. Damit soll eine Erleichterung der Forderungsbetreibung auf bewegliches Vermögen (Fahrnis- und Forderungsexekution) und eine raschere Erkennbarkeit einer Zahlungsunfähigkeit geschaffen werden. Bisher blieb eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners unberücksichtigt, weshalb Gläubiger unwissend weiter auf Zahlungen hofften. Ein längst nötiger Insolvenzantrag wurde entweder gar nicht gestellt oder lange hinausgezögert.
Seit 01.07.2021 sind die neuen Bestimmungen der Gesamtreform des Exekutionsrechts in Kraft. Die auffälligsten Neuerungen betreffen dabei:
Einführung von „Exekutionspaketen“
Ein Gläubiger hat zum Zeitpunkt der Einbringung eines Exekutionsantrags meist keine Kenntnis von pfändbarem Vermögen des Schuldners (zB offene Kundenforderungen bei unbekannten Drittschuldnern, Bankdepots). Erst wenn der Schuldner vom Gericht aufgefordert wurde, ein Vermögensverzeichnis vorzulegen, lichtete sich der Nebel. Zwischenzeitig konnten aber auch Monate vergehen, in denen der Schuldner sein Vermögen weiter schmälern konnte. Erst nach Offenlegung des Vermögensverzeichnisses konnte der Gläubiger konkrete Exekutionsmaßnahmen beantragen, was mit einer neuerlichen und vor allem wieder kostenpflichtigen Antragstellung verbunden war.
Seit der Novellierung der Exekutionsordnung kann der Gläubiger einen Exekutionsantrag zur Hereinbringung einer Geldforderung auch ohne Angabe von konkreten Exekutionsmitteln stellen. In diesem Fall kommt „automatisch“ das (einfache) Exekutionspaket zur Anwendung (§ 19 Abs 2 EO), das eine Exekution auf bewegliche Sachen und Papiere (Fahrnisexekution) und eine Exekution auf wiederkehrende Geldforderungen (Gehaltsexekution) umfasst. Gleichzeitig wird die Aufnahme eines Vermögensverzeichnisses angeordnet.
Bei einer Forderung über EUR 10.000,00 steht nun die Möglichkeit offen, sogleich das erweiterte Exekutionspaket zu beantragen
(§ 20 EO). Dieses umfasst alle Arten der Exekution auf bewegliches Vermögen, somit auch eine Exekutionsführung auf „sonstiges bewegliches Vermögen“ (zB Pfändung von Miteigentumsanteilen von Liegenschaften, Gesellschaftsrechte). Das erweiterte Exekutionspaket ist mit einem höheren Verfahrensaufwand verbunden und komplexer in der Abwicklung, weshalb hier ein (Exekutions-)Verwalter bestellt wird.
Der (Exekutions-)Verwalter
Diesem obliegt – bei der Beantragung eines erweiterten Exekutionspakets – die Durchführung des Exekutionsverfahrens sowie die Auswahl von geeigneten Vermögensobjekten zur Verwertung. Durch die Bestellung eines Verwalters entstehen zwar höhere Kosten, die vom Gläubiger mittels Vorschusszahlung zu übernehmen sind, allerdings wird dadurch ein geringerer Aufwand in der weiteren Durchführung des Exekutionsverfahrens erwartet. Der (Exekutions-)Verwalter hat – ähnlich einem Insolvenzverwalter –
die pfändbaren Vermögensobjekte zu ermitteln und diese in ein Inventar aufzunehmen. Den Schuldner trifft bei der Ermittlung von Vermögenswerten eine Mitwirkungspflicht. Wie bisher, sind Falschangaben im Vermögensverzeichnis strafrechtlich relevant
(§ 292a StGB). Der Verwalter ist auch ermächtigt, Liegenschaften, Geschäftsräume und Wohnungen des Verpflichteten zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen. Der Verpflichtete hat dem Verwalter alle zur Durchführung nötigen Unterlagen zu übergeben und alle erforderlichen Aufklärungen zu erteilen. Der Verwalter darf allerdings keine versperrten Räume zwangsweise öffnen.
Hier muss – wie bisher – ein Gerichtsvollzieher beigezogen werden.
Gesetzesanpassungen aufgrund moderner Kommunikationsmittel
Überaus häufig sind elektronische Geräte, wie zB Mobiltelefone, PCs, Laptops, Tablets, Gegenstand einer Pfändung. Der Zugang zu diesen Geräten ist meist durch ein Passwort gesperrt. Der Schuldner kann nunmehr verpflichtet werden, die entsprechenden Zugänge bereitzustellen; kommt er dieser Aufforderung nicht nach, kann dies – nötigenfalls – auch mit Zwangsmaßnahmen
(zB durch Haftstrafen in gravierenden Fällen), erzwungen werden.
Offenkundige Zahlungsunfähigkeit im Exekutionsverfahrens führt zu Insolvenzverfahren
Bei Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit ist der Schuldner (bei Gesellschaften der Geschäftsführer) verpflichtet, „ohne schuldhaftes Verzögern“ (spätestens aber 60 Tage nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit) einen Insolvenzantrag zu stellen. Vermögensverfügungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommen werden, sind anfechtbar. Dies hat in der Vergangenheit häufig dazu geführt, dass ein Gläubiger zwar im Exekutionsverfahren seine Forderungen durchsetzen konnte, diese aber in einem späteren Insolvenzverfahren wieder zurückzahlen musste. Dieser Aufwand ist vermeidbar, wenn zeitnah ein Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dies wurde nun umgesetzt: Das Exekutionsgericht hat eine offenkundige Zahlungsunfähigkeit des Schuldners mit Beschluss festzustellen (§ 49a Abs 2 EO). Ab diesem Zeitpunkt ruhen sämtliche Exekutionsverfahren und können nur auf Antrag des Gläubigers – und dies nur unter bestimmten Voraussetzungen – wieder fortgesetzt werden. Gerade bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) kann die beschlussmäßige Feststellung der Zahlungsunfähigkeit in weiterer Folge in eine Geschäftsführerhaftung münden, wenn sich nachweisen lässt, dass trotz Insolvenzreife kein Insolvenzantrag gestellt wurde und die Gesellschaft weiterhin Verbindlichkeiten eingegangen ist.
Der Beschluss des Gerichts über die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit wird nach Eintritt der Rechtskraft in der Ediktsdatei (www.edikte.justiz.gv.at) öffentlich bekanntgemacht. Somit ist sichergestellt, dass auch andere Gläubiger von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners Kenntnis erlangen können und keine frustrierten Exekutionshandlungen unternehmen, sondern ihre Forderungen umgehend im Insolvenzverfahren geltend machen.