Vergaberecht und COVID-19: Wieder Neuerungen!
Mit 05.04.2020 ist das 4. COVID-19-Gesetz (BGBl I Nr 24/2020) in Kraft getreten, mit welchem die auch für Vergabeverfahren relevanten Fristen des 2. COVID-19-Gesetz in aller Eile wieder verkürzt wurden. Rechtssicherheit ist offenbar nicht mehr ein tragender Eckpfeiler im Staatswesen. Was vor zwei Wochen (am 22.03.2020) noch eine aktuell-geänderte Rechtslage war, ist nun bereits wieder Geschichte.
Was ist neu im Vergaberecht?
Mit dem 4. COVID-19-Gesetz wurde ein „COVID-19-Begleitgesetz Vergabe“ geschaffen (Art 18, BGBl I Nr 24/2020). Vor zwei Wochen galt noch die allgemeine Fristenhemmung bis einschließlich 30.04.2020. Mit dem aktuellen Gesetz wird die Fristenhemmung „vorverlegt“ (Art 38, § 3: „Die […] vorgesehene Verlängerung der Fristen endet […] mit Inkrafttreten dieses Bundesverfassungsgesetzes“). Wer also vor zwei Wochen noch den 30.04.2020 plus 10 Tage abwarten konnte, um sein Ausscheiden zu bekämpfen, muss dies nun – wie bisher – binnen 10 Tagen erledigen. Damit sind Unternehmer, unabhängig von der aktuell angespannten wirtschaftlichen Situation, weiterhin gezwungen, einen Nachprüfungsantrag rasch einzubringen und die mitunter hohen vergaberechtlichen Pauschalgebühren auszulegen.
Aus bloßer Sicherheit sollte ein Bieter daher niemals mit einer Fristverlängerung im öffentlichen Auftragswesen rechnen und die kurzen 10-Tagesfristen strikt einhalten.
Weiters können einstweilige Verfügungen abgewiesen werden, wenn das zugrundeliegende Vergabeverfahren einen Auftrag in Zusammenhang mit der Bekämpfung von COVID-19 betrifft. Die Beschaffung von Desinfektionsmitteln oder Atemschutzmasken wird daher unter keinen Umständen zu stoppen sein. Die Auftraggeber dürfen in diesen Fällen Angebote öffnen oder den Zuschlag erteilen bevor das Nachprüfungsverfahren entschieden ist. Dies kann dazu führen, dass jetzt unter dem „Deckmantel“ COVID-19 größere Anschaffungen (zB Beatmungsgeräte oder Laborausstattung) getätigt werden, die aber vor allem in den nächsten Jahren der standardmäßigen Anwendung im Krankenbereich dienen. Es werden Erinnerungen an die umstrittene nicht-öffentliche Beschaffung von Atemschutzmasken im Jahr 2006 (zu Zeiten der Vogelgrippe-Pandemie/Hysterie) wach.
Was bringt die Zukunft für das Vergaberecht?
Mit dem 4. COVID-19-Gesetz wurde dem BM für Justiz eine sehr umfangreiche Verordnungsermächtigung eingeräumt: Es besteht die Möglichkeit, per Verordnung die „Unterbrechung von Fristen zu verlängern, zu verkürzen oder weitere allgemeine Ausnahmen von der Unterbrechung […] vorzusehen“. Von dieser Möglichkeit wurde noch kein Gebrauch gemacht. Dies kann sich aber kurzfristig ändern. Aus derzeitiger Sicht ist daher keine Garantie für eine längerfristige Festigung der vergaberechtlichen Bestimmungen abzugeben. Die wechselnde Rechtslage schafft daher viel Unsicherheit aber auch Chancen auf der Auftragnehmerseite. Es wird sich zeigen, ob bei allen Vergabeverfahren in diesen Zeiten die Grundsätze des Vergaberechts – Transparenz, Fairness und Gleichbehandlung – auch tatsächlich gewahrt bleiben.