COVID-19 Anspruch auf Entschädigung?
Wegen der COVID-19-Pandemie hat der Staat mit den zahlreichen Gesetzen und Verordnungen massiv in das Wirtschaftsleben eingegriffen. Die Bundesregierung verspricht zwar Milliarden-Hilfspakten, allerdings decken diese in den meisten Fällen kaum den wahren wirtschaftlichen Verlust ab. Nachstehende Möglichkeiten stehen zum Schadensausgleich zur Verfügung:
Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz
Bereits seit dem Jahr 1950 erhalten selbständig Erwerbstätige in folgenden Fällen vom Bund Ersatz für den Verdienstentgang:
bei verordneter Quarantäne;
bei Beschränkung der Lebensmittelausgabe;
bei Untersagung der Ausübung der Erwerbstätigkeit;
bei Betriebsbeschränkung oder Betriebsschließung;
bei Verkehrsbeschränkungen in Ortschaften.
Der Entschädigungsanspruch errechnet sich bei selbständig erwerbstätigen Personen bzw Unternehmen aus der Differenz zwischen dem bisher erzielten durchschnittlichen Einkommen und dem tatsächlich Erwirtschaftetem; jegliche sonstige Unterstützungsleistungen sind anzurechnen. Zum Nachweis muss eine Bestätigung des Steuerberaters über das durchschnittliche Bruttoeinkommen der letzten zwei Monate vor der behördlichen Verfügung beigebracht werden. Der Entschädigungsanspruch nach dem Epidemiegesetz bewirkt somit einen Schadensausgleich in der real entstandenen Höhe. Geltend zu machen ist der Anspruch binnen sechs Wochen ab Wegfall der Beschränkung (zB Aufhebung der Verordnung).
Mit Aufkommen der Coronavirus-Krise wurde am 16.03.2020 das 1. COVID-19-Gesetz (BGBl I 12/2020) erlassen. Damit durfte der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMASGK) per Verordnung das Betreten von Betriebsstätten untersagen, wovon noch am selben Tag Gebrauch gemacht wurde. Verboten wurde (BGBl II 96/2020):
das Betreten des Kundenbereichs im Handel und Dienstleistungsbereich sowie
das Betreten von Betriebsstätten des Gastgewerbes (ausgenommen Lieferservice).
Mit einer weiteren Bestimmung im 1. COVID-19-Gesetz wurde festgelegt, dass im Falle der Erlassung einer solchen Verordnung „die Bestimmungen des Epidemiegesetzes betreffend die Schließung von Betriebsstätten nicht zur Anwendung“ kommen sollen. In den Medien – und auch von vielen Juristen – wird die Meinung vertreten, dass damit Entschädigungsansprüche nach dem Epidemiegesetz „ausgehebelt“ wurden, obwohl dies aus dem Gesetz nicht eindeutig hervorgeht. Wenn man sich streng an den Gesetzeswortlaut hält, wurde nämlich mit den angeordneten Betretungsverboten von Betriebsstätten des Handels und Dienstleistungsbereichs sowie von Gastronomiebetrieben (siehe oben) genau genommen nicht deren Schließung angeordnet, sondern lediglich der Betrieb eingeschränkt (eben ohne Nutzung des Kundenbereichs). . In der Folge haben die Unternehmen ihre Betriebsstätten „freiwillig“ geschlossen, um die wirtschaftlichen Verluste nicht ausufern zu lassen.
Solange diese unklare Gesetzeslage nicht bereinigt ist, empfehlen wir jedenfalls eine Antragstellung auf Verdienstentgang nach dem Epidemiegesetz. Ein derartiger Antrag ist mit keinen Kosten verbunden und kann formlos bei jeder Bezirkshauptmannschaft (bzw beim Magistrat) eingebracht werden; eine Rechtsvertretung ist hierfür nicht erforderlich. Wenn ein Antrag aber nicht innerhalb von sechs Wochen nach Aufhebung der Beschränkungen eingebracht wird, ist die Chance vertan. Es sollten daher aktuell folgende fristauslösende Zeitpunkte für den Beginn der 6-wöchigen Frist beachtet werden:
Mit 14.04.2020 traten erste Lockerungen für Betriebsstätten des Handels mit einem Kundenbereich von < 400m² im Inneren sowie Bau- und Gartenmärkte in Kraft (BGBl II Nr 151/2020).
Mit 01.05.2020 war eine – mehr oder weniger – uneingeschränkte Tätigkeit der sonstigen (auch größeren) Handelsunternehmen sowie weiterer Dienstleistungsunternehmen (zB Friseure) wieder zulässig (COVID-19-Lockerungsverordnung; BGBl II Nr 197/2020).
Mit 15.05.2020 wird die Aufhebung der Beschränkungen im Gastgewerbe erwartet.
Schadenersatz nach dem Amtshaftungsgesetz
Jene Unternehmen, die zB durch die „< 400m²-Verkaufslächenbeschränkung“ benachteiligt wurden, sollten einen Schadenersatzanspruch nach dem Amtshaftungsgesetz aufgrund der rechtswidrigen Verordnung des BMASGK prüfen lassen. Die Verordnungsermächtigung zur Erlassung von Betretungsverboten war beschränkt auf den Zweck „soweit dies zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich ist“ (§ 1 COVID-19-Maßnahmengesetz; BGBl I 12/2020). Ob die Ungleichbehandlung der Handelsbetriebe allein aufgrund der Größe ihrer Verkaufsflächen diesem Zweck entsprach, ist sicherlich zu hinterfragen.
Sonstige Entschädigungsleistungen
Neben der Geltendmachung der zuvor aufgezeigten Ansprüche sollten auch alle sonstigen „Töpfe“ ausgeschöpft werden. Hierzu zählen insbesondere die Entschädigungsleistungen nach dem neueingerichteten Krisenbewältigungsfonds sowie die Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen.
Am Ende des Tages wird sich ein klagendes Unternehmen vielleicht auch noch die Frage gefallen lassen müssen, ob wirklich alle Möglichkeiten von Hilfspaketen ausgenützt wurden. Ansonsten kann noch die Schadenminderungspflicht zum unnötigen Problemfall werden.