Huber | Berchtold Rechtsanwälte

Covid-19-Unternehmen

 

Unternehmen (Update Covid-19)

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Wettbewerbsvorteil wegen COVID-19-Maßnahmen?

 

Die Schutzmaskenpflicht beim Friseur oder eine lange Warteschlange vor den Geschäften wegen beschränktem Einlass tragen nicht zur Kundenzufriedenheit bei. Auch die Industrie muss mit den einschränkenden Maßnahmen zu Recht kommen (Einhalten des 1m-Abstands zwischen den Arbeitnehmern sowie das Sicherstellen geeigneter Schutzmaßnahmen zur Minimierung des Infektionsrisikos). Ein Normalbetrieb der Unternehmen ist bis heute nicht möglich.

Die COVID-19-Maßnahmengesetzgebung soll nicht nur die allgemeine Bevölkerung vor einer Verbreitung der Pandemie schützen, sondern auch das Verhalten der am Markt teilnehmenden Unternehmen regeln. Wer sich streng oder gar vorauseilend an die COVID-19-Maßnahmen hält, gefährdet seinen Umsatz/Gewinn. Undeutliche Formulierungen von Gesetzen und Verordnungen laden daher zu einer kreativen (vorteilhaften) Auslegung ein. Mit wachsendem wirtschaftlichem Druck werden die Grenzen der möglichen Gesetzesauslegung und Interpretation auch überschritten. Wer Kunden ein Gefühl von Normalität vermittelt, sichert sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz. Öffentlichkeitswirksame Unternehmen leben ein derartiges Vorgehen im großen Stil vor, wie zB Elon Musk, der in seiner Teslafabrik trotz Verbot produzieren lässt, während Mitbewerber die Produktion einstellen. In der freien Marktwirtschaft drängt sich somit folgende Kosten-Nutzen-Rechnung auf: Was kostet ein Gesetzesbruch im Verhältnis zum möglichen Mehrwert?

Ein Verstoß gegen die COVID-19-Maßnahmengesetze und -verordnungen zieht eine Verwaltungsstrafe im Höchstmaß von EUR 3.600 bzw EUR 30.000 nach sich; in der Praxis wird bei einer erstmaligen Übertretung in den seltensten Fällen die Höchststrafe verhängt. Eine wirtschaftliche Abwägung der Vor- und Nachteile ist damit recht einfach zu bewerkstelligen.

Aber Vorsicht: Die Kosten-Nutzen-Analyse ist damit noch nicht beendet! Auch gesetzestreue Mitbewerber können von sich aus gegen solche Konkurrenten vorgehen. Wer durch den „Rechtsbruch“ (Verstoße gegen Gesetze und Verordnungen) eines Mitbewerbers einen wirtschaftlichen Nachteil erleidet, kann sich mittels Unterlassungs- und Schadenersatzklage nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Wehr setzen. Für eine rasche Abhilfe sorgt zudem die Möglichkeit der Erlassung einer einstweiligen Verfügung und gerade dabei handelt die Justiz sehr rasch.

Die Analyse einer kreativen Rechtsauslegung oder eines glatten Gesetzesbruches muss daher die zu erwartende Verwaltungsstrafe und die Kosten eines gerichtlichen UWG-Verfahrens berücksichtigen. Letzteres ist besonders schwer einzuschätzen, weil es der klagende Mitbewerber in der Hand hat, den Streitwert zu bemessen. Schlussendlich wird entscheidend sein, welchen Einfluss ein Unternehmen am Markt ausübt und wie gut die Konkurrenz aufgestellt ist. Unternehmen mit weniger Marktanteil können nach einer UWG-Klage schneller ins wirtschaftliche Abseits geraten als es der Vorteil wert war.