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Angebotsöffnung: Was muss verlesen werden?

 

derPlan 04/2015, Seite 13 - ArchIng

Zur Wahrung der Transparenz im Zuge von Auftragsvergaben müssen - mit Ausnahme weniger Verfahrensarten (zB Verhandlungsverfahren) - bestimmte Informationen in den jeweiligen Angeboten unmittelbar im Zuge der Angebotsöffnung verlesen werden. Müssen die zuschlagsrelevanten Kriterien (das Qualitätsangebot) ebenso transparent (vollumfänglich) verlesen werden? Grundsätzlich wäre eine derartige Verlesung wünschenswert, damit jeder Bietervertreter unmittelbar das (vorläufige) Angebotsergebnis erfährt.

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat sich diesbezüglich bei der Überprüfung einer Zuschlagsentscheidung für die Vergabe von Bauleistungen mit folgendem Sachverhalt auseinandergesetzt: Zwischen erst- und zweitplatziertem Bieter lagen rund 4% Preisunterschied. Dennoch hat der preislich an zweiter Stelle gereihte Bieter aufgrund der Bewertung seines Qualitätsangebotes das Rennen machen können, und zwar mit etwa 0,1% Vorsprung! Dieser knappe Vorsprung ist durch die Bewertung des Zuschlagskriteriums "Umweltgerechtheit der angebotenen Produkte" zustande gekommen. Die Bieterangaben zu diesem Kriterium sind jedoch im Zuge der Angebotsöffnung nicht verlesen worden. Das LVwG Vorarlberg ist schließlich zur Erkenntnis gekommen, dass die Verlesung aller Zuschlagskriterien nicht erforderlich gewesen ist. Eine umfangreiche Verlesung ist bloß erforderlich, wenn es sich (1) um in Zahlen ausgedrückte Bieterangaben handelt oder (2) die sofortige Verlesung zumutbar bzw (3) in den Ausschreibungsunterlagen angekündigt worden ist. Die Bieterangaben zu umfangreichen Zuschlagskriterien müssen daher nicht im Wege der Angebotsöffnung verlesen  werden, es sei denn, eine solche Verlesung ist in den Angebotsunterlagen vorab angekündigt worden (LVwG Vorarlberg, 20.11.2014, LVwG-314-008/S1-2014).

Es ist jedenfalls zu empfehlen, keine unnötige Offenlegung in den Ausschreibungsunterlagen anzukündigen.

 
Sandro Huber